Coabhängigkeit, Koabhängigkeit, Alkoholismus Teil 6

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Abhängigkeitserkrankungen – Alkoholabhängigkeit

Coabhängigkeit, Koabhängigkeit, Alkoholismus, Alkoholsucht

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Was ist unter Coabhängigkeit zu verstehen? Coabhängigkeit (Koabhängigkeit) ist eine Bezeichnung für Verhaltensweisen von Bezugspersonen des Alkoholabhängigen, mit denen das Suchtverhalten des Betroffenen unterstützt und eine rechtzeitige Behandlung verhindert werden. Es handelt sich dabei meist um eine unbewusste Verbündung der Bezugspersonen mit dem Abhängigen, d. h. der Außenstehende wird zum Teilhaber an der Erkrankung und trägt ungewollt zu einer Verlängerung der Erkrankung bei. Nach (Schneider, 1997) zeigen Personen (EhepartnerInnen, Geschwister, Kinder, FreundInnen, ArbeitskollegInnen, TherapeutInnen) coabhängiges Verhalten, wenn sie:

  • Verantwortung für den Abhängigen übernehmen,
  • sein Verhalten entschuldigen oder rechtfertigen,
  • ihm Belastungen abnehmen oder ersparen wollen,
  • sein Verhalten kontrollieren, indem sie z. B. Verstecke, in denen der Abhängige sein Suchtmittel verbirgt, suchen oder ihn z. B. vom Alkohol und Trinkanlässen fernhalten oder ihn beim Lügen ertappen wollen u.s.w.,
  • unaufrichtig dem Abhängigen, anderen Personen oder sich selbst gegenüber sind, im Hinblick auf die Tatsachen und Gefühle in Bezug auf die Abhängigkeit.

Sucht wirkt sich in unterschiedlicher Hinsicht auf die Familie und im sozialen Umfeld wie z. B. am Arbeitsplatz aus. Wer gibt schon gerne zu, dass der Mann, die Frau, die Mutter, der Vater oder das Kind Alkoholiker ist und oft bis zur Besinnungslosigkeit trinkt? Wer möchte, dass die ganze Verwandtschaft mit dem Finger auf ihn zeigt und sagt: “Da, deren Mann ist Alkoholiker!” In fast allen Fällen hilft die Familie dem Abhängigen, das Problem zu verheimlichen. Er wird früh geweckt, die Sachen werden gesäubert, es werden Ausreden gesucht und gebraucht und vieles mehr. Die Familie übernimmt Arbeiten und Verpflichtungen, die der Abhängige selbst nicht mehr leisten kann. Im Extremfall holen die Partner oder die Kinder noch das Bier, damit niemand sieht, wie der Betroffene durchs Gelände torkelt. Diese Verhaltensweisen tragen aber nur dazu bei, dass der Abhängige weiter trinken kann, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.

Allmählich entsteht ein Teufelskreis aus Drohungen, Erpressungen und Nachgeben. Die Trennung wird angedroht, der Betroffene verspricht, sich zu ändern. Er bricht sein Versprechen, aber die Trennung wird nicht vollzogen. Der Trinker muss sich nicht ändern, und er weiß das genau. Die ständigen Auseinandersetzungen werden zum Nervenkrieg, in dem alle nur verlieren können.

Als Folge diesen coabhängigen Verhaltens geraten Coabhängige zunehmend selbst in Schwierigkeiten und benötigen, ohne es zu wissen, oft ebenso Hilfe wie der Abhängige selbst. Dies ist u. a. darauf zurückzuführen, dass das psychische Wohlbefinden des Coabhängigen mehr und mehr von einigen der o. g. Verhaltensweisen abhängt. So muss er z. B. befürchten, den Partner zu verletzen, ihm zu schaden oder selbst an Ansehen zu verlieren, wenn er das Verhalten des Partners nicht entschuldigt oder rechtfertigt. Es stellt sich das Gefühl ein, nicht mit dem coabhängigen Verhalten aufhören zu können, und sehr häufig gibt es auch vernünftig klingende Begründungen dafür. Es entsteht ein weiterer Teufelskreis, denn je hilfsbedürftiger der Alkoholiker wird, um so mehr kümmert sich der Coabhängige um ihn und um so enger dreht sich die Spirale der Coabhängigkeit.

Um sich von coabhängigen Verhaltensmustern zu befreien, sollten sich die Betroffenen an eine Suchtberatungsstelle oder an eine Selbsthilfegruppe wenden. Über diese Wege kann der Kontakt zu anderen Betroffenen hergestellt werden, der für die Beseitigung coabhängigen Verhaltens fundamental sein kann. Außerdem kann die Beherzigung folgender Ratschläge hilfreich sein (Schneider, 1997, verändert):

  • Ich kann am Alkoholkonsum des Abhängigen (Partner, Vater, Mutter, Kollege u. a.) nichts ändern. Er ist krank und er “muss” noch trinken. Obwohl der Alkoholkonsum mir nicht gleichgültig ist, drohe ich nicht mehr und kontrolliere nicht mehr.
  • Obwohl ich die Schwere der Erkrankung kenne, toleriere ich das Verhalten des Abhängigen und die Auswirkungen auf mich nicht. Ich setze mir klare Grenzen und werde diese Grenzen mit allen Konsequenzen auch ziehen.
  • Ich tue unter den gegebenen Umständen etwas für mich, d. h. ich versuche so gut wie möglich zu leben und Zufriedenheit zu finden.

Natürlich wird mit der Umsetzung dieser Ratschläge nicht immer das Problem gelöst. Außerdem ist konsequentes Handeln alles andere als leicht, und es besteht eine emotionale Bindung zu dem Betroffenen. Wirft man den Betroffenen nämlich raus oder verlässt ihn, dann besteht die Gefahr, dass er endgültig verkommt. Dann hat er erstens keinen Halt mehr und zweitens keinen mehr, der sich um ihn kümmert.

Sagen Sie die dem Betoffenen ruhig aber eindeutig, dass er ein Alkoholproblem hat, mit dem er alleine nicht fertig wird. Vermeiden Sie dabei Schuldzuweisungen und Vorwürfe. Überzeugen Sie vielmehr den Abhängigen, dass seine Sucht eine Krankheit wie jede andere ist. Machen Sie ihm klar, dass man dagegen etwas tun kann. Fordern Sie ihn auf, zur Suchtberatung, zu einer Selbsthilfegruppe oder zu einem Arzt oder Therapeuten zu gehen. Bieten Sie dem Betroffenen an mitzugehen. Wenn Suchtkranke erkennen, dass sie Hilfe benötigen und wenn sie bereit sind, diese Hilfe anzunehmen, besteht Hoffnung auf Veränderung. Sie können helfen, dieses erste Ziel zu erreichen.